02.05.2025
Gedanken zur Woche - Miserikordias Domini
Stellen Sie sich vor, Sie hätten die Möglichkeit, einen der besten Musiker der Welt kostenlos zu hören. Dieser Musiker würde Ihnen auf einer 3,5 Millionen Dollar Stradivari Violine sechs der schwierigsten je komponierten Werke von J.S. Bach, Schubert u.a. präsentieren – kostenlos. Noch zwei Tage vorher hätten Sie für das Konzert pro Karte im Schnitt 100 Dollar bezahlen müssen. Natürlich würden Sie sich diese Gelegenheit nicht entgehen lassen, oder? Als Joshua Bell an einem kalten Januarmorgen des Jahres 2007 in einer Metrostation in Washington D.C. sein Instrument auspackt und 45 Minuten lang spielt, haben über tausend Menschen genau dies getan: meist achtlos gingen sie an dem für sie spielenden Star Geiger vorbei. 32 Dollar waren am Schluss in seinem Hut; als er aufhörte zu spielen und wieder Stille in die Metrostation eintrat, applaudierte niemand…
Zwei Jünger Jesu machen sich nach Ostern auf den Weg von Jerusalem nach Emmaus. In Gedanken sind sie noch am Kreuz, ihre Herzen erfüllt von Trauer und Schmerz. Die Worte der Frauen: „Der Herr ist auferstanden“ klingen ihnen in den Ohren wie ein unsinniger Wunschtraum. Ein fremder Wanderer schließt sich ihnen an und offensichtlich zu sehr mit sich selbst beschäftigt, erkennen sie nicht, dass dieser fremde Wanderer der auferstandene Christus selber ist. Erst später, als er mit ihnen das Brot bricht, erkennen sie ihn, aber bald schon ist er wieder verschwunden…
Wie oft gehen wir wohl achtlos an Wundern vorbei, wie oft wohl lassen wir gute Chancen einfach achtlos am Wegesrand liegen, weil wir vor allem eines sind: zu sehr mit uns selbst beschäftigt. Das Experiment mit Joshua Bell hat genau dies gezeigt. Die fröhliche Osterbotschaft mitten in dieser herrlichen Frühlingszeit will uns immer wieder die Augen öffnen für das Wunder unseres Lebens; es ist uns geschenkt, und wir sollten es in Dankbarkeit und Demut genießen und achtsam mit uns und den anderen umgehen.
Der Herr ist wahrhaftig auferstanden,
bleiben Sie behütet.