Aemilie Juliane von Schwarzburg-Rudolstadt

Vor 500 Jahren wirkten auch auf dem Gebiet des heutigen Kirchenkreises Rudolstadt- Saalfeld Menschen im Sinne der Reformation. Hier stellen wir ein Frau in den Focus, deren Lieder wir im Evang. Gesangbuch finden.

Die Liederdichterin Aemilie Juliane von Schwarzburg-Rudolstadt
In den Wirren des Dreißigjährigen Krieges kam die Aemilie Juliane am 19. August 1637 in Rudolstadt zur Welt. Ihre Eltern, Albrecht Friedrich Reichsgraf zu Barby und Mühlingen (1597-1641) und Sophie Ursula, geborene Gräfin von Oldenburg und Delmenhorst (1601-1642) waren von Barby nach Rudolstadt zur Verwandtschaft geflohen. Vierjährig erlebt Aemilie Juliane innerhalb eines halben Jahres den Tod ihrer Eltern. Sie und ihre vier Geschwister finden Aufnahme bei verschiedenen verwandten Familien. Aemilie Juliane kommt nach Rudolstadt, dort hatte 1638 die Schwester ihrer Mutter, Aemilie Antonie (1614-1670) den Grafen Ludwig Günther von Schwarzburg (1581-1646) geheiratet. Ihre Tante war zugleich Patin. In Rudolstadt wächst Aemilie Juliane mit den fünf Kindern des Grafenpaares auf und erhält eine sehr gute Ausbildung.

1665 heiratet die Gräfin ihren Pflegebruder und Cousin Albert Anton von Schwarzburg-Rudolstadt (1641-1710). Zwei Jahre später wird der Sohn Ludwig Friedrich (1667-1718) geboren. 1668 erblickt die Tochter Albertine Antonie das Licht der Welt, stirbt aber zwei Tage nach der Geburt. Die Gräfin selbst starb am 3. Dezember 1706. Die Gräfin Aemilie Juliane gilt als die schaffensreichste Liederdichterin des Protestantismus. Der genaue Umfang ihres Werkes ist nicht feststellbar, kann aber auf über 600 geistliche Lieder geschätzt werden. Bis heute finden sich im Gesangbuch zwei Lieder der Gräfin: »Bis hierher hat mich Gott gebracht« (EG 329) und »Wer weiß, wie nahe mir mein Ende« (EG 530). Wobei das zweite Lied im Original um vier Strophen länger ist. Es trägt das große Thema der Gräfin vor – den Tod. Die Lebensgeschichte Aemilie Julianes wird viel dazu beigetragen haben, dass der Tod zum Lebensthema der Gräfin wurde. Die zahlreichen Todeserfahrungen, die Aemilie Juliane machen musste, haben sie zu einer ars moriendi (Kunst des Sterbens) geführt, die ihr Leben prägte. Ein großer Teil ihrer Lieder entstand während der Andachtszeiten der Gräfin und trägt zum Teil autobiographische Züge. Dies und die innige, affektbetonte Blut- und Wundenfrömmigkeit der Gräfin machen die Rezeption der Lieder heute schwierig.

In ihren Liedern bringt Aemilie Juliane ihre Sehnsucht nach der Vereinigung mit ihrem Seelenbräutigam Jesus Christus zum Ausdruck. Dies geschieht in Zeit und Raum begrenzt im Abendmahl und losgelöst von Zeit und Raum im eigenen Sterben. Durch den Tod kommt es zur ewigen Vereinigung von Braut und Bräutigam. Es ist daher nicht verwunderlich, dass ein großer Teil ihrer Lieder thematisch zu den Passions-, Abendmahls- und Sterbeliedern zu rechnen ist. Jedoch bedachte die Gräfin in ihren Liedern alle Tages- und Kirchenjahreszeiten sowie die verschiedenen Lebensfeste. Die Frömmigkeit der Aemilie Julianes kann als intensive Jesusfrömmigkeit beschrieben werden. Ihre innerliche Frömmigkeit führte die Gräfin jedoch nicht zum Rückzug aus der Welt, sondern gerade die intensive Verbindung von Welt/Alltag und Gott ist für Aemilie Juliane prägend. Das benediktinische »ora et labora« (bete und arbeite) machte sie zu ihrem Motto und adaptierte damit ein klösterliches Prinzip auf ihren Alltag. Dieser war von drei Gebetszeiten strukturiert. Aber auch in der Zuwendung zu ihren Untertanen kommt die enge Verbindung von Glauben und Leben zum Ausdruck. Die ars moriendi und das Zusammenbringen von Glauben und Leben sind bis heute anregende Aspekte der Frömmigkeit Aemilie Julianes.

Susanne Schuster

Weiterführende Informationen dazu unter: www.frauen-und-reformation.de