07.10.2023
Gedanken zur Woche - Jahreszeiten und Lebenszeiten

Jetzt im Oktober verwandelt sich der Sommer in den Herbst. Bunte Blätter und weiches Licht versetzen unsere Augen in Freude. Die Farben des Lebens leuchten anders, die Zugvögel am Himmel fliegen gen Süden und wir schauen ihnen sehnsuchtsvoll hinterher. So bunt wie der Herbst sind auch unsere Lebenszeiten. Die kurze und lebenslang prägende Kindheit. Die aufregend pubertierende Jugend. Die anstrengenden Jahrzehnte des Berufs und der Familie. Das Alter, von dem keiner weiß, wieviel Zeit noch bleibt. Die Jahreszeiten wiederholen sich jedes Jahr. Die Lebenszeiten gibt es für jeden nur einmal. Ihre Länge ist ungewiss. Aber die vergangenen Lebenszeiten sind unabhängig vom Lebensalter in uns aktiv und gestalten unseren Alltag. Jahreszeiten und Lebenszeiten treiben unterschiedliche Blüten. Färben mit Ereignissen die Natur und unser Leben. Mal sind sie farbenfroh und leicht, mal grau und schwer. Der Wechsel verhindert die Langeweile und schafft Vorfreude auf das Kommende. Wenn der Herbst beginnt, fängt das große Loslassen an. Die Bäume lassen ihre Blätter los. Die Blätter fallen auf die Erde, die sie bis dahin nur von oben gesehen haben. Sie kehren zu ihrem Wurzeln zurück. Von meiner Bank im Garten, sehe ich manches Blatt von dem Bäumen hinunter schweben. Sanft und tänzelnd kommt es lautlos auf der Erde an. Das mit den Augen zu verfolgen, hat etwas Meditatives. Das Fallen der Blätter ist ein Bild für das ständige Loslassen in den verschiedenen Phasen unseres Lebens. Wir können nicht alles behalten, was uns das Leben in seiner Vielfalt beschert und zumutet. Die richtige Balance zu finden zwischen Behalten und Loslassen, ist eine Lebensaufgabe für sich. Eine herausfordernd schwierige. Gerade in schweren Zeiten fällt das nicht leicht. Um loslassen zu können ist Gelassenheit gefragt. Diese kann durch Meditation spürbar in uns wachsen. Der Herbst mit seinen fallenden Blättern zeigt das auf eine natürliche Weise. Ohne Worte sagt diese Jahreszeit etwas über unsere Lebenszeit: lerne loszulassen. Und der biblische Paulus schreibt das im Blick auf die Dinge des Lebens so: haben, als hätte man nicht.

Pfr.i.R. Hans-Jürgen Günther