08.03.2018
Passion 2018

Passionszeit. Die zweite Fastenzeit im Kirchenjahr. Während die Adventszeit uns auf die Ankunft unseres Herrn Jesus Christus vorbereiten will, uns hineinnimmt in das Geheimnis der Menschwerdung Gottes, ist die Passionszeit sehr offensichtlich geprägt durch die Beschäftigung mit dem Leiden unseres Herrn Jesus Christus.

Mit dem Leiden Gottes in dieser Welt. So wie es der Anfang des Johannesevangeliums benennt: „Er kam in sein Eigentum und die Seinen nahmen ihn nicht auf.“ Gott kommt und wir nehmen ihn nicht auf.

Eine Frau hat mich einmal gefragt, wie es sein kann, dass Jeus für unsere Sünden leidet. Wie kann Gott, der Allmächtige, leiden. Er, der die Welt geschaffen hat kann leiden?

Es ist Gottes verborgene Gegenwart in dieser Welt. Gott handelt nicht wie wir. Er, der Herr des Himmels und der Erde, wird Mensch und liefert sich der Welt aus.

Er nimmt an eines Knechts Gestalt – das singen wir zu Weihnachten. Das ist es, was Advent und Passion verbindet. Gott kommt in unsere Welt. In einem Stall und an einem Kreuz. Gott leidet in der Welt.

Wach bleiben. Wo ist er in dem Leiden der Welt? In den Giftgasangriffen der Mächtigen? In den Hungerzonen von Südsudan?

Passion ist nicht nur eine Einladung. Es ist eine Frage an unser Leben. Wie gehen wir um mit eigenem und fremdem Leid.

Mit eigenem Leid? Schon das fällt uns schwer. Was ist, wenn Menschen, die mit uns auf dem Weg sind, von uns gehen? Was ist, wenn wir aus dem Alltag gerissen werden durch Krankheit oder andere Schicksalsschläge.

Was machen wir dann? Beten wir? Hoffen wir? Worauf hoffen wir? Bleiben wir wach?

Oder verdrängen wir das, was uns Angst macht?

So wie wir fremdes Leid verdrängen. Weil wir es gar nicht ertragen wollen und können.

Gott stellt sich dem Leiden. Er bleibt nicht verborgen. Passion sagt uns, dass Gott das Leiden kennt. Dass wir nicht allein sind. Wir können beten. Wir können hoffen. Wir müssen nichts verdrängen.

Passion sagt uns, dass jedes fremde Leid Gottes Leid ist.

Das macht uns als Christen aus.

Christen beraten und helfen in den schwierigen Tagen des Lebens. Sie fragen nicht nach Kirchenzugehörigkeit. Nicht nach Glauben. Sie fragen danach, ob mein Nächster mich braucht. Mich oder das was ich ihm tun kann.

Das ist unser Umgang mit dem Leid der Welt. Als Mitarbeiter Gottes in seiner Schöpfung.

Menschen begegnen der Gegenwart Gottes in der Gegenwart unseres Dienstes. Pathein heißt leiden. Sympathein heißt mit leiden.

Es ist ein Dienst der Sympathie, der uns bewegt. Ein Dienst, der das Handeln Gottes an uns widerspiegelt. Sympathische Menschen, die die Gegenwart des sympathischen Gottes in der Welt bezeugen. Als die Unbekannten und doch bekannt. Als die, die nichts haben, und denen doch die Welt gehört. Nicht irgendwann. Heute.

Es ist unsere Kraft. Dass wir uns nicht allein wissen.

In all dem, was uns betrifft. Gott ist da. In unserer Welt, weil sie seine Welt ist. Jene Welt, von der wir erzählen, wenn wir das Evangelium verkünden.

Ich wünsche uns allen eine Passionszeit, die uns innehalten lässt, die uns neu erfüllt mit Sympathie für alles was lebt.

Michael Wegner