20.05.2023
Gedanken zur Woche - In Erwartung gemeinsam unterwegs

Morgen ist der 6. Sonntag nach Ostern und der Sonntag vor Pfingsten. Er trägt den lateinischen Namen “Exaudi – HERR, höre meine Stimme! Es ist der Gebetsruf des Beters des 27. Psalms. Wie können wir uns auf Pfingsten, den Geburtstag der Kirche vorbereiten?

In den Gottesdiensten hören wir morgen ein Gebet des Apostels Paulus für die Gemeinde (Epheser 3, 14 – 21). Er betet dafür, dass Jesus Christus in den Herzen der Menschen wohne, dass sie die Liebe Christi erkennen. Zu unserem Leben sollte das Gebet gehören. Die Mönche handelten nach dem Grundsatz: Ora et labora. Bete und arbeite.“ Sie wussten: Goldene Zügel machen ein Pferd nicht schneller. Silberne Schüsseln machen das Essen nicht nahrhafter. Kostbarer Schmuck macht einen Menschen nicht edler. Ein gepflegter Körper macht die Seele nicht gesünder. Ein Traumhaus macht noch keine wirkliche Geborgenheit. Eine neue Kirche macht eine Gemeinde nicht lebendiger. Der Apostel schreibt: „Deshalb beuge ich meine Knie vor dem Vater, ... dass er euch Kraft gebe nach dem Reichtum seiner Herrlichkeit, stark zu werden durch seinen Geist an dem inwendigen Menschen, dass Christus durch den Glauben in euren Herzen wohne und ihr in der Liebe eingewurzelt und gegründet seid. (Epheser 3,16f)

Der Theologe Karl Barth hat einmal treffend gesagt: „Hände falten im Gebet ist der Anfang des Aufstandes gegen die Unordnung der Welt!” Wenn das Aufstehen mit dem Beugen vor Gott versöhnt ist, wenn das Hand-Anlegen mit dem Händefalten zusammengeht, wenn das Nein zu vielen Dingen das Ja zu Gott ist, dann können wir gar nicht genug kämpfen, anpacken, aufstehen, planen, entwickeln, in Gang bringen und in die Welt setzen. Hände falten klingt sehr nach Ergebung. Aber es ist mehr ein Kämpfen und Ringen, ein Aufstehen und Widerstehen.„Ora et labora”, bete und arbeite, so haben es seit zweitausend Jahren Menschen mit Erfolg gelebt!

Im Wohnzimmer tickt eine alte Wanduhr gemütlich vor sich hin. Sie ist ruhig und in Bewegung zugleich. Ihr Pendel bewegt sich gleichmäßig und stetig. Die Zeiger rücken in Ruhe immer weiter. Die Uhr wirkt wie eine tiefe Ruhe und eine ständige Bewegung zugleich. Aber zu ihrer äußeren Bewegung gehört eine innere Spannung. Wenn die Uhr nicht aufgezogen und die Feder nicht gespannt ist, kann das Pendel nicht lange in Bewegung bleiben. Wenn man dann das Pendel von außen anstößt, schlägt es einige Male aus, und man meint, die Uhr geht. Aber nach wenigen Bewegungen steht das Pendel wieder still. - So ist es auch im menschlichen Leben. Die äußeren Impulse und Appelle, Ermahnungen und Aufforderungen zu einer Bewegung und Veränderung bringen nur kurzlebige Auswirkungen. Was haben Menschen alles gewollt und sich vorgenommen, was haben sie einander alles angemahnt und sich aufgelegt, zugemutet und abverlangt. Was haben sie alles angefangen und in Gang gebracht, und wie schnell war es dann wieder vorbei. Wenn der Mensch nicht im Innern von Gott selbst angerührt und erfüllt, in Spannung gebracht und motiviert wird, nützen alle äußeren Impulse nur wenig. Wenn aber Gott selbst durch seinen Geist der Liebe in uns seine bewegende und motivierende Kraft einsetzt, dann sind auch die Anstöße und Ermutigungen von außen wichtig. So brauchen wir innen die Spannkraft des Geistes Gottes und von außen die Anstöße und Impulse der anderen. Ich wünsche Ihnen einen gesegneten Sonntag.

Pfarrer Günter Dimmler, Königsee