11.11.2023
Gedanken zur Woche - Wort aus der Kirche

An diesem Wochenende beginnt die ökumenische Friedensdekade. Ihr Symbol erinnert Manche von Ihnen auch an Ihre persönliche Biografie und ihr kirchlich-politisches Engagement. Es begeht dieses Jahr fast unbemerkt ein Jubiläum:

Vor 40 Jahren, 1983, ließ der Theologe Friedrich Schorlemmer im Wittenberger Lutherhof ein Schwert zu einer Pflugschar umschmieden. Es war die spektakulärste Aktion der DDR- Friedensbewegung und Teil eines evangelischen Kirchentages in der Lutherstadt zum 500. Geburtstag des Reformators. Bei der Schmiedeaktion wurde eine Vision weitergesagt: Wir haben den Krieg verloren und können ihn nicht wiederfinden. Wir haben den Frieden gewonnen und wollen ihn nicht verlieren. Neben der Kirchentür der Schlosskirche war eine Tür aufgestellt, an der die Teilnehmenden aktuelle Thesen in Erinnerung an Luthers 95 Thesen veröffentlichten. Das Thema: Spannungen in dieser Kirche - in unserer Welt – in uns selbst. In einer Erklärung der jungen angstbefreiten evangelischen friedensbewegten Reformatoren und Reformatorinnen hieß es: Wir stehen heute vor einer Krise des Lebens selbst.

Die Sintflut ist herstellbar geworden – als tausendfacher Blitz, als milliardenfaches Verhungern, als schleichende Vergiftung. Wer glaubt, so weiter leben zu können wie bisher, beteiligt sich am Untergang.
Die in einer kirchlichen Druckerei im Adventssterne -und Losungsort Herrnhut vervielfältigten FliesAufnäher „Schwerter zu Pflugscharen“ trugen viele junge Leute auf dem Weg zu Demokratie und Freiheit in den kirchlichen Umwelt -und Friedensgruppen an ihren Jacken.

Das aktuelle Thema der Friedensdekade in diesem Jahr: Sicher nicht -oder? Wenn sie diese Worte sprechen, merken Sie, dass die Deutung auch in der Betonung liegt: Zweifelnd, forschend, ironisch, zuversichtlich, sich versichernd oder ablehnend… Fühlen sie sich gerade sicher? Sicher nicht… Gibt es etwas, was noch sicher ist? Oder ist alles nicht sicher? Nicht sicher, oder? Unser Alltag und das ÜberLeben in der großen weiten Welt bringt uns viele Veränderungen, Unsicherheiten, Fragen und Zweifel. Daraus resultieren Streit, Konflikte, Kriege, Krisen, persönlich und weltweit.

Mit dem Motto: „Sicher nicht – oder?“ will die Ökumenische Friedensdekade dazu anregen, vermeintliche Gewissheiten in Frage zu stellen. Sie sucht nach Zuversicht in der Unsicherheit. Die Friedens -und Konfliktforschung lehrt, dass vor jedem Eingriff in einen Konflikt oder eine Krise zunächst eine genaue Analyse stehen muss. Notwendig dafür ist Offenheit und Ehrlichkeit in der Grundannahme, dass es in den meisten Fällen nicht „den“ richtigen Weg gibt,

sondern der Weg selber als Prozess gestaltet werden muss. Deshalb sind sie herzlich eingeladen zu unseren Friedens -und politischen Abendgebeten und kirchlichen Veranstaltungen auch hier in Saalfeld. Wir erfahren Neues, hören einander zu, suchen geistliche Verbundenheit und üben, Gewohntes zu überdenken und auch in Veränderungen eine Chance zu sehen. Wir sind solidarisch über unseren Tellerrand hinweg. Wir wissen, dass sich vereinfachte individuell geprägte Antworten nicht eignen für jegliche Form der Krisenbewältigung. Die kommenden zehn Tage leitet täglich ein Impuls, ein Bibelwort, ein besonderes Lied, eine Anregung zu einem aktuellen Friedensthema.

Unser neuer Wochenspruch aus der Bergpredigt des Evangelisten Matthäus bestärkt und ermutigt uns dabei:
„Selig sind, die Frieden stiften; denn sie werden Gottes Kinder heißen.“

Christina Weigel, Pfarrerin und Seelsorgerin im evangelischen Kirchengemeindeverband Saalfeld