24.02.2024
Gedanken zur Woche - Traurigkeit

Vielleicht kennen Sie es. Oder erinnern sich an Zeiten, in denen Sie traurig waren. Gefühle, die wie in einer Schleife immer wiederkehren.

Ich hatte eine solche Phase in meiner Kindheit. Meine Mutter lag lange Zeit im Krankenhaus. Vor der Geburt meines Bruders war es zu Komplikationen gekommen. Alternativlos war ihre Abwesenheit. Wir, die Geschwister konnten sie nicht besuchen, da die gesetzlichen Regeln solche Besuche nicht möglich machten.

Ich konnte das alles einsehen. Aber es machte mich unendlich traurig. Als mein Vater meine Gemütsverfassung bemerkte, nahm er mich mit zum Krankenhaus, wickelte mich in seinen Mantel und brachte mich, vorbei an den wachsamen Augen der Pförtnerin, zum Bett meiner Mutter.

Die Zeit danach war immer noch schwer. Aber ich hatte sie gesehen, mit ihr gesprochen. Sie hatte mich in die Arme genommen und getröstet.

Wenn ich die Lage der Menschen in der Welt bedenke, fühle ich eben eine solche Traurigkeit. Ich bin ein Mensch, der an die Gegenwart Gottes in dieser Welt glaubt. „Wo bist Du Gott? Wie kannst Du das alles zulassen?“ Diese Frage bohrt sich wie ein Stachel in meine Gedanken. Aber im Nachdenken über Gott, so glaube ich, lässt mich Gott nicht allein.

In der Passionszeit nimmt er mich mit auf seinen Weg in meiner Welt. Durch die einzelnen Stationen der Sonntage gehe ich diesen Weg. „Gedenke Gott an deine Barmherzigkeit.“ So steht es über dem morgigen Sonntag. „Gedenke Gott, wandle die Herzen der Mächtigen von Gewalt und Krieg zum Frieden.“

Ich sehe alles ein. Keiner will verlieren. Dieses Beharren aber tötet stündlich und täglich Menschen. Wer von Waffen neues erfülltes Leben erwartet, geht vorbei am Unsinn von Krieg und seiner tödlichen Maschinerie. Mit jedem Opfer, ob in Russland, der Ukraine, im nahen Osten oder in anderen fernen Ländern wird Gott erneut ans Kreuz geschlagen. Stirbt er unseren Tod. Gestern, heute und jeden Tag. Es sind Menschen, die einander töten. Es sind Menschen, die ihre Völker in die Kriege zum Tod führen. Es ist der Preis dafür, dass wir uns oft für das Böse entscheiden.

Wer bin ich in dieser Welt. Jemand der dabei steht? Der das Elend ausblendet?

Auch in unserem, eigentlich so friedlichem Land, macht sich solche Traurigkeit, Ratlosigkeit breit und schlägt zuweilen in Wut über Andere um.

Das Nachdenken über das Elend der Welt verlangt nach einer Entsprechung in meinem Verhalten. Sonst bleibt es Gehirnakrobatik.

Manchmal braucht es andere, neue Wege. Meinem Vater bin ich noch heute dankbar. Das er mich gesehen und verstanden hat. Das er mir geholfen hat.

Mutlosigkeit überwinden. Neue Wege gehen. Frieden halten, Liebe üben.  Nicht einstimmen in den Ruf der Gewalt.

Meine Mutter kam nach langer Zeit zurück. Mit dem neuen Kind, meinem Bruder. Meine Traurigkeit war vorbei.